EuGH: Verbindliche Mindest- und Höchstsätze der HOAI europarechtswidrig

4. Juli 2019

Die in der HOAI festgelegte Pflicht zur Einhaltung der Höchst- und Mindestsätze stellt einen Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie und die Niederlassungsfreiheit dar. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seiner heutigen Sitzung. Rechtsanwältin Dr. Birgit Franz kommentiert das Urteil und hebt die entscheidenden Passagen zur Begründung hervor.

Der EuGH sieht in den verbindlichen Honoraren für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren einen Verstoß gegen europäisches Recht. Die entscheidenden Passagen zur Begründung der Entscheidung C-377/17 vom 4. Juli 2019 finden sich in den Randziffern 88 ff.
Zwar könne die Existenz von Mindestsätzen für die Planungsleistungen im Hinblick auf die Beschaffenheit des deutschen Marktes grundsätzlich dazu beitragen, eine hohe Qualität an Planungsleistungen zu gewährleisten. Jedoch müsste dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise erreicht werden. Hieran fehle es im vorliegenden Fall. Denn die Erbringung von Planungsleistungen sei auch in Deutschland nicht Personen vorbehalten, die eine reglementierte Tätigkeit ausübten. So gebe es keine Garantie, dass die Planungsleistungen von Dienstleistungserbringern erbracht würden, die ihre entsprechende fachliche Eignung nachgewiesen hätten.

Denn, so der EuGH in Rn. 91, die Bundesrepublik Deutschland habe vorgetragen, dass die Planungsleistungen nicht bestimmten Berufsständen vorbehalten seien, die einer zwingenden berufs- oder kammerrechtlichen Aufsicht unterliegen. Neben Architekten und Ingenieuren könnten auch andere nicht reglementierte Dienstleistungsanbieter Planungsleistungen erbringen.Der EuGH stellt in Würdigung dessen fest, dass im Hinblick auf das verfolgte Ziel, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu erhalten, in der deutschen Regelung eine Inkohärenz zu erkennen ist. Der Bundesrepublik Deutschland ist es im Ergebnis nicht gelungen, nachzuweisen, dass die in der HOAI vorgesehenen Mindestsätze geeignet sind, die Erreichung des Ziels einer hohen Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten und Verbraucherschutz sicherzustellen.

Das Ende der Mindestsätze

Dies bedeutet das Ende der Mindestsätze, es sei denn der deutsche Gesetzgeber würde Planungsleistungen zukünftig nur noch entsprechend qualifizierten Leistungserbringern vorbehalten. In diesem Falle wäre aber eine Vergabe von Planungsleistungen gemeinsam mit Bauleistungen beispielsweise an einen Generalübernehmer nur noch dann möglich, wenn die Qualifikation für die Erbringung der Planungsleistungen vorhanden ist und gegebenenfalls nachgewiesen wird. Zum anderen könnte dieser dann die Mindestsätze beanspruchen.
Solange eine gesetzliche Anpassung nicht erfolgt, kann ein Planer, der ein Honorar unterhalb der Mindestsätze vereinbart hat, sich nicht mehr auf die Mindestsätze berufen.

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Alexander Hofmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und ArchitektenrechtMarcel Manz, LL.B., Rechtsanwalt